Artikel im Ruppiner Anzeiger, 8.9.09
Bombodrom-Streit: Sichelschmiede antwortet Oberstleutnant, bleibt bei ihren Zweifeln, will aber Vorurteile abbauen
OSTPRIGNITZ-RUPPIN (RA) -Wie gefährlich ist die Kyritz-Ruppiner Heide? Seit Wochen streiten Bundeswehr und Bombodrom-Gegner darüber. Zuletzt beschwerte sich der Wittstocker Standortkommandant Thomas Hering in einem offenen Brief über Ferndiagnosen der Bombodrom-Gegner. Die Friedensinitiative Sichelschmiede fühlte sich angesprochen und antwortet nun. Auch diesen Brief dokumentieren wir im Folgenden:
Sehr geehrter Herr Hering, die Berichterstattung über unsere Pressemitteilung vom 25. August haben Sie dahingehend interpretiert, wir würden Ihnen vorwerfen, im Zuge einer PR-Maßnahme scharfe Minen auszulegen. Wenn es so bei Ihnen angekommen ist, verstehen wir Ihre Betroffenheit. Wir können Ihnen versichern, dass wir zwar von vielen Menschen Zweifel an der Minengeschichte gehört haben, aber von niemandem solche Unterstellungen. Die Vermutungen gehen dahin, dass es sich bei den Minen um ungefährliche Attrappen gehandelt haben könnte, die ausgelegt wurden, um der Warnung vor dem Betreten des Platzes Nachdruck zu verleihen. Vielleicht haben Sie ja auch gefundene Übungsmi-nen als scharfe Minen dargestellt. Beides wäre zwar unehrlich, aber nicht 'der Tiefpunkt menschlicher Verkommenheit', sondern eine kluge Maßnahme, die eventuell Menschenleben retten könnte.
Ob es nun so war oder ob es sich um scharfe Minen gehandelt hat - es glaubt Ihnen nur ein Teil der Menschen und die Meinungen darüber, wie gefährlich das Gelände wirklich ist, gehen noch mehr auseinander.
In unserer Pressemitteilung hatten wir die Meinungen der bei der Gesprächsrunde am 23. August in Schweinrich anwesenden Personen wiedergegeben, von denen außer uns niemand Mitglied der Sichelschmiede ist. Wir selber sehen es so: Sie, Herr Hering, haben einen schwierigen Posten übernommen.
Nach dem Verzicht der Bundesregierung auf die Nutzung des ehemaligen Bombodroms als Luft-Boden-Schießplatz bleibt Ihnen als ihre wichtigste Aufgabe, dafür zu sorgen, dass niemand auf dem Gelände zu Schaden kommt. Es dürfte besonders schwer sein, gerade dieses Gelände zu bewachen. Denn die Bundeswehr hat im jahrelangen Streit um das Gelände viel an Autorität und Glaubwürdigkeit verloren, so dass die Verbotsschilder mit ihrer Warnung nicht mehr viel bewirken. Kontrollieren lässt sich ein derart großes Gelände auch nur eingeschränkt. Wir teilen Ihr Anliegen, dass niemand auf dem ehemaligen Bombodrom-Gelände verletzt wird.
Wir denken, die beste Sicherheitsmaßnahme liegt in der umfassenden Information der Öffentlichkeit. Die Zivilgesellschaft selber muss zu einer gemeinschaftlichen Einschätzung gelangen, wie mit dem Gelände verantwortlich umzugehen ist. Unser Eindruck ist, dass die derzeit durch Schilder gekennzeichnete Linie eine Eigentumsgrenze, aber keine Gefährdungsgrenze markiert. Es gibt auf dem Gelände große Bereiche, die für Jäger, Imker, Waldarbeiter etc. freigegeben sind. Im Süden bei Rossow finden sogar Drückjagden statt.
Andererseits gibt es wirklich gefährliche Gebiete, wo auch die Devise „auf den Wegen bleiben" keine vollständige Sicherheit geben kann. Unserer Meinung nach wäre es jetzt höchste Zeit, dass die Munitionsbelastung auf dem gesamten Gelände gründlich erfasst wird. Hierfür muss die Bundesregierung Geld bereitstellen - da müssen mehr Leute ran als Ihre zwei Feuerwerker. Gefährliche Bereiche sollten bis zu ihrer Beräumung deutlich gekennzeichnet, ungefährliche Bereiche für die Öffentlichkeit freigegeben werden.
Ihr Angebot, an einer Führung auf dem Truppenübungsplatz teilzunehmen, haben wir bisher nicht genutzt, weil wir uns auf dem Gelände gut auskennen.
(...) Trotzdem möchten wir in absehbarer Zeit von Ihrem Angebot Gebrauch machen, denn nach diesem Briefwechsel ist uns an einer persönlichen Begegnung gelegen, um Gelegenheit zum Kennenlernen und zum gegenseitigen Abbau von Vorurteilen zu schaffen.
Wir nehmen mit Respekt zur Kenntnis, dass Sie persönlich sich als Soldat vor allem mit dem Bergen von Munition beschäftigen. Darüber vergessen wir aber nicht, dass Soldatinnen und Soldaten insgesamt weitaus mehr Bomben werfen und Minen legen als sie bergen."