Artikel in Libell (Rundbrief der Grünen Liga Brandenburg) Nr. 119 vom 18.12.2006
Untertitel
Der Konflikt um das Bombodrom in der
Kyritz-Ruppiner Heide ist euch Libell-LeserInnen sicherlich gut bekannt. Was sich
vielleicht noch nicht überall herumgesprochen hat: Die Gruppen, die sich gegen das
Bombodrom organisieren, haben Zuwachs bekommen. Ein Jahr ist es jetzt her, dass Bert
Schilden und ich in Berlin den "Arbeitskreis Sichelschmiede" gründeten und
damit einem neuen Pflänzchen Leben gaben. Im Juli diesen Jahres bin ich aus dem
hessischen Bebra nach Rossow in der Kyritz-Ruppiner Heide
übergesiedelt, um hier unter dem Namen "Sichelschmiede" (nach dem Bibelzitat
"Schwerter zu Pflugscharen, Spieße zu Sicheln") eine Werkstatt für
Friedensarbeit einzurichten" Unsere Vision ist es, dass im Laufe der Zeit mehr
Menschen zur Sichelschmiede hinzustoßen, dass sich eine Lebensgemeinschaft bildet, die
miteinander dieses Projekt trägt.
Ziel der Sichelschmiede ist es, dazu beizutragen, dass die Friedensbewegung dem Ausbau der
Bundeswehr zur "Armee im Einsatz" einen konkreten, praktischen, sichtbaren
Widerstand entgegensetzt. Die Kyritz-Ruppiner Heide mit dem geplanten größten
Luft-Boden-Schießplatz auf dem europäischen Festland könnte ein Kristallisationspunkt
für diesen Widerstand werden. Wir möchten die bundesweite und internationale
Friedensbewegung regelmäßig mit Nachrichten über den Konflikt ums Bombodrom versorgen,
eine Anlaufstelle sein, um Informationen über das Bombodrom und den Widerstand zu
erhalten, und Interessierten gewaltfreie Aktionstrainings zur Vorbereitung auf Aktionen
Zivilen Ungehorsams anbieten.
Wie wichtig und wie schwierig diese Aufgabe sein kann, das zeigt sich aktuell in den
Diskussionen um die Proteste gegen den G8- Gipfel in Heiligendamm. Wenn im Juni nächsten
Jahres die Regierungschefs der acht mächtigsten Staaten im mecklenburgischen Heiligendamm
zusammenkommen, dann werden unter den Demonstrierenden auch zahlreiche Menschen aus der
Friedensbewegung und antimilitaristischen Bewegung sein. Die Politik der Globalisierung,
wie sie die G8 Gipfel betreiben, führt in zahlreichen
Ländern zu unerträglichen Lebenssituationen für die Menschen und stößt auf
Widerstand. Sie lässt sich deshalb in letzter Konsequenz nur mit Repression und
militärischer Ge- walt gegen die Betroffenen durchsetzen. Da ist es naheliegend, den
Protest gegen den G8 auch an Orten der Kriegsvorbereitung zum
Ausdruck zu bringen, um diese Zusammenhänge aufzuzeigen. In den letzten Monaten hat sich
deshalb ein Bündnis gebildet, das für den 1.6.2007 einen Aktionstag am Bombodrom
vorbereitet. Doch bei manchen Aktiven in der Region gibt es Bedenken: Wer sind die, die da
kommen und demonstrieren wollen? Werden sie verstehen, was für die Menschen hier in der
Region auf dem Spiel steht? Wie sehr der Widerstand hier Teil des Alltags ist und deshalb
in Formen stattfinden muss, die sich auch noch einige weitere Jahre durchhalten lassen?
Woher die zusätzliche Zeit nehmen, um sich mit den geplanten
Aktionen auseinanderzusetzen, wo doch die Auseinandersetzung vor Gericht, die
Protestwanderungen, die Lobbyarbeit weitergehen müssen?
Als Sichelschmiede versuchen wir, eine Art Mittlerfunktion einzunehmen und die Sichtweise der Engagierten vor Ort den überregionalen Aktiven zu vermitteln. Das ist
manchmal nicht ganz einfach, zumal wir selber noch neu hier sind und - zumal als
"Wessis" - längst nicht alles verstehen, was hier wichtig ist. Eine
Schwierigkeit sind auch die begrenzten Ressourcen - trotz vielfältiger Unterstützung
einer wachsenden Zahl von Freundinnen der Sichelschmiede sind wir im Kern doch erst zu
zweit. Da Bert in Berlin wohnt, ist die Sichelschmiede in Rossow sogar die meiste Zeit
über ein "Eine-Frau-Betrieb". Trotzdem gab es in dem Jahr, seit es die
Sichelschmiede
gibt, schon eine Menge mut- machender kleiner Erfolge. So hat die Kooperation für den
Frieden auf unsere Anregung hin eine Resolution gegen das Bombodrom verabschiedet, das
Thema ist präsenter geworden in den Publikationen und bei den Treffen der
Friedensbewegung, der Zusammenhang zwischen den Bombodrom und den amerikanischen
Atomwaffen in der Eifel ist bekannter geworden, es gibt ein Konzept für eine gewaltfreie
Aktion im Vorfeld zum G8 Gipfel, und eine Reihe von Friedensgruppen
und -Organisationen überlegen sich, wie sie sich bei dieser Aktion am 1.6.2007 einbringen
können. Um unsere Arbeit in Zukunft mit noch mehr Ressourcen, mehr Ideen und mehr Spaß
fortsetzen zu können, wünschen wir uns weitere Sichelschmiedinnen. Wer sich für unser
Projekt interessiert, kann gerne mal vorbeikommen. Mehr Infos findet ihr unter
www.sichelschmiede.org und
www.g8andwar.de .