Sichelschmiede

Werkstatt für Friedensarbeit in der Kyritz-Ruppiner Heide



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Die Heide ist frei. Was passiert jetzt?

Überblick über Aktivitäten, Forderungen und offene Fragen nach dem 9.7.2009

Am 9.7.2009 gab Bundes"Verteidigungs"Minister Jung bekannt, dass die Bundeswehr die Kyritz-Ruppiner Heide nicht als Luft-Boden-Schießplatz nutzen wird.

Was bedeutet diese Entscheidung?

Minister Jung hat nicht nur den Verzicht auf die Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erklärt, sondern auch den Verzicht auf die Nutzung des Geländes als Luft-Boden-Schießplatz. Theoretisch könnte zwar eine neue Bundesregierung nach der Wahl diese Entscheidung revidieren, aber alle, mit denen wir bisher gesprochen haben, waren sich einig, dass damit nicht zu rechnen ist.

Pressestimmen zu dieser Entscheidung

Was wird jetzt aus dem ehemaligen Bombodrom-Gelände?

Das ist noch ganz offen. Viele Menschen in der Region fordern jetzt einen langsamen demokratischen Entscheidungsprozess hierüber. Der frühere Konversionsbeauftragte Brandenburgs, Roland Vogt, hat einen "Runden Tisch Kyritz-Ruppiner Heide" vorgeschlagen. In diesem Forum sollten gesellschaftliche Initiativen und staatliche Stellen vertreten sein. (rbbonline 11.7.09). Mario Schrumpf, Leiter des Naturparks Stechlin-Ruppiner Land, schlägt die Bildung eines Gremiums unter Leitung von Benedikt Schirge und Landrat Christian Gilde vor, das den Prozess der Beratung koordinieren soll. (Ruppiner Anzeiger, 11.7.09) Die Wirtschaftsminister von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben für den 14. September zu einer Tourismuskonferenz eingeladen. Dort werden vor allem PolitikerInnen sowie "örtliche Vertreter von Tourismus und Kreditinstituten" am Tisch sitzen. (Ruppiner Anzeiger 11./12. Juli 09)

Zur rechtlichen Lage:

Eigentümer des Geländes ist nach wie vor die Bundesrepublik Deutschland. Laut MAZ vom 15.7.09 (allerdings ohne Quellenangabe) soll es noch in diesem Jahr von der Bundeswehr an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben übergehen. Aus dem Bundesverteidigungsministerium heißt es allerdings, es sei noch nicht entschieden, was mit dem Gelände geschieht (telefonische Aussage eines Pressesprechers gegenüber der Sichelschmiede am 14.7.). Auch in der MAZ vom 16.7. heißt es, für die Bundeswehr sei es "eine sehr schwere Entscheidung, wie sie mit dem Areal umgehen soll".

Der Rheinsberger Bürgermeister Manfred Richter (SPD) fordert laut MAZ, die über das Gelände führenden Wege sofort wieder an die Gemeinden zu übertragen und zur Nutzung freizugeben.  Im Übrigen sind die Anliegergemeinden zurückhaltend, was die Frage der Rückübertragung des Eigentums angeht: Hier müsste zuerst sichergestellt werden, dass die Bundesrepublik Deutschland als derzeitige Eigentümerin pflichtgemäß für die Kosten der Entsorgung der Munitionsrückstände aufkommt.

 

Zur Frage der Entsorgung der Munitionsrückstände auf dem Gelände:

- Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann fordert, aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung sofort 220 Millionen Euro für die Entsorgung der Munition zur Verfügung zu stellen. Jens-Peter Golde schätzt den Bedarf auf 240 Millionen. (Osteseeblick Nienhagen)
- Rainer Arnold, Verteidigungspolitischer Sprecher der SPD, sagt, es werde Jahre dauern, bis das Gelände freigegeben werden könne. (Süddeutsche Zeitung 10.7.09)

Zur Frage der zukünftigen Nutzung.

- Mario Schrumpf, Leiter des Naturparks Stechlin-Ruppiner Land, verweist auf einen Kuratoriumsbeschluss, das Gelände in den Naturpark Stechlin zu integrieren. (MAZ 10.7.09). er schlägt ein touristisches Konzept für die bereits von Munition beräumten Wege vor und eine "kostenneutrale Bewirtschaftung" des Areals z.B. durch Gewinnung von energieholz. Benedikt Schirge, Sprecher der FREIen HEIDe, spricht sich dafür aus, so wenig wie möglich in die Natur der Heide einzugreifen. (Ruppiner Anzeiger 11.7.09)

- Der Neuruppiner Bürgermeister Golde hofft, dass das Land Fördermittel für die Entwicklung eines Zukunftskonzepts zur Verfügung stellt. Er tritt dafür ein, das Gelände nicht zu zerstückeln, sondern als Ganzes zu erhalten. (MAZ 15.7.09) Auch er spricht sich für möglichst wenig eingriffe in das gelände aus (Ruppiner Anzeiger 10.7.09). Bei der Stadt Neuruppin sind schon Anfragen eingegangen von Unternehmen, die Teile des Geländes kaufen wollen. (MAZ 15.7.09) DIE LINKE im Bundestag fordert den Ausschluss der Privatisierung der Fläche. "Wir haben nicht 17 Jahre um die Kyritz-Ruppiner Heide gekämpft, um sie an Bodenspekulanten zu verlieren!"

- Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Henry Tesch (CDU) hat eine gemeinsame Tourismusoffensive der Länder Kecklenburg-Vorpommern und Brandenburg angekündigt. Der brandenburgische Ministerpräsident Platzeck hat zu "Vernunft und Augenmaß" statt "übereilten Aktionen" aufgerufen. (MAZ 13.7.) Brandenburgs Wirtschaftsminister Junghanns sieht laut Bild-Zeitung für den Tourismus ein Umsatzpotential von 50 Millionen Euro im Jahr. ein "Millionen-Tourismuspotential" Er spricht davon, dass Teile des Geländes für Fahrradfahrer freigegeben werden sollen; die Nutzung für erneuerbare Energien (z.B. Photovoltaik) sei auch denkbar. (Bild 10.7.09)

- Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Henry Tesch (CDU) hat eine gemeinsame Tourismusoffensive der Länder Kecklenburg-Vorpommern und Brandenburg angekündigt.

- Dirk Klauke, Redaktionsleiter der MAZ-Wittstock, wirft in einem Kommentar vom 10.7. die frage auf, ob es nicht doch noch einen Weg gibt, auch ohne den Luft-Boden-Schießplatz eine Garnison nach Wittstock zu bekommen.

 

Was macht die Bundeswehr?

Der Forderung, auf das Abwerfen von Bomben ganz zu verzichten, kommt die Bundeswehr nicht nach. Minister Jung hat zugesagt, dass sich die Belastung für die Luft-Boden-Schießplätze in Nordhorn und Siegenburg nicht vergrößern soll. Allerdings hat sein Ministerium  mittlerweile zugegeben, dass sich dies nicht auf die reale Anzahl der Flüge in den letzten Jahren bezieht, sondern auf die (zuletzt nicht erreichte) Planungs-Höchstgrenze. 75% der Übungsflüge der Luftwaffe finden bereits jetzt im Ausland statt. Dieser Anteil soll erhöht werden. Zur Zeit übt die Luftwaffe vor allem auf Sardinien. Im Gespräch ist eine Verlagerung nach Polen. Aber auch auf Truppenübungsplätzen im Inland finden Übungen mit Beteiligung der Luftwaffe statt.

Widerstand in Nordhorn und Siegenburg

Nach der Entscheidung gegen den Luft-Boden-Schießplatz in Wittstock fordern jetzt auch Initiativen und Politiker aus Nordhorn und Siegenburg die Stillegung "ihrer" Luft-Boden-Schießplätze. Dabei lassen die in der Presse zu lesenden Statements eine durchweg solidarische Haltung zu der Protestbewegung in der Kyritz-Ruppiner Heide vermissen. Stellenweise wird die Bewegung für die freie Heide als Vorbild hingestellt, stellenweise aber auch Enttäuschung über deren Erfolg ausgedrückt, weil damit die Versprechungen für eine "gleiche Lastenverteilung" gebrochen würden.

Schon am 9.7. meldet die Financial Times Deutschland, dass die Gemeinden Nordhorn (Niedersachsen)  und Siegenburg (Bayern) jetzt ebenfalls die Schließung "ihrer" Schießplätze fordern.

Am 10.7. vermelden die Mitteldeutsche Zeitung und die Ad Hoc News, dass der Nordhorner Bürgermeister Meinhard Hüsemann (SPD) Demonstrationen für die Schließung der "Nordhorn Range" angekündigt hat. Die Bürgerinitiativen gegen das Bombodrom hätten das "unwahrscheinlich gut gemacht". Gerd Will, SPD-Landtagsabgeordneter aus Nordhorn, fordert Jung auf, einen Ersatz für die Nordhorn Range zu suchen. Am 11.7. legt Dorothea Steiner, niedersächsische Landsvorsitzende von Bündnis 90/Grünen nach, es sei höchste Zeit gewesen für das Nein zum Bombodrom und unverfroren, für Nordhorn lediglich eine "gleichbleibende Belastung" in Aussicht zu stellen. (HZ Online).

Am 11.Juli schließt sich das niedersächsische Innenministerium an.

Wo übt die Luftwaffe?

"Hier nicht und nirgendwo", das war immer unsere Forderung. Den Erfolg in der Kyritz-Ruppiner Heide möchten wir nutzen, um auch an anderen Orten das Engagement gegen Bombenabwurfplätze zu unterstützen.

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